Dienstag, 8. November 2011

strị•cken; strickte, hat gestrickt

Früher als Kind hab ich ja oft gestrickt. Mit der Oma auf dem Sofa während im Fernsehen vermutlich Heinz Schenk irgendwas moderiert hat, was man damals als solide Abendunterhaltung im Öffentlich-rechtlichen bezeichnet hat. Oma hat Pullover gestrickt und ich, entsprechend meiner Größe, Kleineres. Ich vermute in erster Linie waren es Schals. Allerdings kann ich mich an die Werke kaum noch erinnern und sie sind auch verschollen. Während meine Mutter noch heute ohne groß suchen zu müssen den Ordner mit meinen Kinder-Gemälden gezielt aus dem Schrank picken kann (wie zu meinem Leidwesen übrigens auch den Ordner mit den alten Zeugnissen....), hat von meinen Handarbeitsobjekten keines die Jahre überdauert. Schade, denn mittlerweile wüsste ich gern mal wie meine 'alten' Werke so ausgesehen haben...



Jedenfalls, alles was ich beherrsche im Fach Wollverarbeitung, hat mir Oma beigebracht. Und sie war vielseitig: Stricken, Häkeln, Sticken, Knüpfen. Aber diese Idylle hielt nur so lange, bis ich Handarbeiten plötzlich völlig uncool fand. Auf einmal waren Stricknadeln und Heinz Schenk (und bitte, wer kann mir das verdenken?) sowas von unten durch und H&M und Levi's Jeans wurden zum Status Quo. Die Nadeln und die Wolle wurden von mir jahrelang mit Verachtung gestraft. Gut, es gab immer mal wieder kleine Strick-Ausbrüche, die zu Schals mit passender Mütze oder mal einem gestrickten Weihnachtsgeschenk geführt haben. Aber die meisten Strickprojekte endeten bei mir so: Mit großer Begeisterung und Motivation begonnen, nach 10 Reihen gemerkt, dass man einen Fehler im Muster hat, ach aber wieder Aufziehen ist doch blöd, mach einfach weiter, sieht man wahrscheinlich sowieso nicht (sieht man übrigens immer!), hach ja, okay, sieht man doch, doof. Na gut, dann machste das halt mal ein anderes mal weiter.
Und dann 3 Jahre später bei Umzug in die nächste Wohnung: "Ach, kuck mal, das hier hab ich angefangen zu stricken, das sollte ein Geschenk für meine Mutter werden, ich weiß gar nicht mehr wieso ich das nie fertig gemacht habe? Aber jetzt beim Umzug nimmt's nur Platz weg, weg damit!"
Das Ergebnis war dann immer das gleiche: Teure Wolle so lange im Staub liegen lassen, bis man nichts mehr damit anfangen konnte und wollte.

Letztes Jahr hat mich dann meine Twitter-Timeline mit Fotos von Strickprojekten bombadiert. Die Segen des World Wide Web! Man kann ja auch coole Sachen stricken! Die sehen gar nicht so aus wie von Oma während einer Ausgabe Carmen Nebel's volkstümlicher Hitparade (oder wie immer das heute heißt) hergestellt. Und kuck mal, da gibt's ja auch Videos und Blogs und Strick-Communities und und und. Und Bum-Zack-Schakalaka ist man wieder mittendrin statt nur dabei und erinnert sich dunkel "Das kannst Du auch!" 

So jedenfalls hab ich mich im Januar dann wieder ans Werk gewagt. Ein Rock sollte es werden, der Lanesplitter von Tina Whitmore, erstes Strickprojekt seit rund 6 Jahren. Ich glaube ich hab länger auf die Wolle gewartet, als ich dann tatsächlich zum Stricken gebraucht habe. Wie schnell ich sein kann, wenn mir etwas Spaß macht! 


Aber geben wir uns keinen Illusionen hin, kaum war die Wolle verstrickt, machte sich das zweite Problem bei der Fertigstellung eines Strickwerks wieder breit. Das Finish aka Fäden vernähen und Gummibund einziehen. Das ist auch der Grund warum Ihr diesen Blogpost jetzt erst lesen könnt und nicht schon im Januar. Der Rock hat geruht. Und im Sommer natürlich 'Sommerschlaf' gehalten, denn was will man mit einem Rock aus Schurwolle mitten im Juli?

Zugute kam mir, dass vor ein paar Wochen, als die ersten kühleren Tage kamen, unsere Heizung saniert wurde und wochenlang nicht einsatzfähig war. Wie einen ein kalter Hintern doch plötzlich antreiben kann. Natürlich, wie sollte es auch anders sein, war ich total davon überrascht wie schnell das Fäden vernähen letztendlich vonstatten ging. Und besonders schwierig war es auch nicht... Ich hoffe das merk ich mir!


Lange Rede, kurzer Sinn. Das Ergebnis: 

Lanesplitter / Und nächstes Mal wisch ich den Spiegel bevor ich Fotos mache.

Ich habe mit 112 Maschen gestrickt, finde den Rock im Ergebnis aber ein Stück zu lang. Der nächste wird kürzer. Die Wolle war Noro Kureyon in zwei verschiedenen Färbungen, insgesamt 6 Knäul.

5 Kommentare:

  1. Super schicker Rock! Ich wusste gar nicht, dass man auch Röcke stricken kann!

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  2. Cooooool! Will auch....ich finde meine Mama Brauch noch mal ne Strickaufgabe! Ich hab dafür keine Geduld glaube ich.

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  3. @Anni: Ich wäre auch nicht von selbst auf diese Idee gekommen!

    @Caro: Der ist tatsächlich leicht und schnell gestrickt, falls Du Dich selbst ranwagen willst. Ansonsten musst Du evtl. die Anleitung eben übersetzen für Deine Ma, oder kann sie Englisch?

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  4. Wow! Bin echt sprachlos, der Rock sieht total klasse aus. In meiner Welt kann man nur Schals, Mützen und Babyschuhe stricken, und zwar ausschließlich im Stil "langweilig und altbacken". Das kommt wohl daher, dass ich außer meiner Oma niemanden kenne der strickt. Omi macht zwar schon lange keine Handarbeit mehr, aber ich habe keine guten Erinnerungen an ihre Werke ;)
    Ich bin jedenfalls sehr erstaunt, welch tollen Rock du mit deinen Nadeln gezaubert hast.

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  5. hallo liebe nicole...da ich deinen blog erst heut entdeckt habe, kann ich natürlich auch erst heute meine buchstaben dazu tipseln....logo, wa....*lach*
    tja, im prinzip kann man ja alles umgarnen, woran man freude hat....nicht nur die beine mittel rock....*lach*....aber stricken und handarbeiten ist wirklich wieder total im trend und dein rock ist suuuuupaschick geworden...
    lg.ruth..chen;-))
    ps...hab mich auch gleich mal als leser eingetragen und werde dich auf meinem blögsche verlinken...freuma schon uff neues von dia....*lach*

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